Im Islam gilt im zwischenmenschlichen Umgang das Prinzip der guten Annahme (حسن الظن Husn az-Zan). Der Muslim nimmt stets das Gute von seinen Geschwistern an. Eine mehrdeutige Aussage, die jemand trifft, wird auf positive Weise interpretiert. Eine mehrdeutige Handlung ebenfalls. Das Prinzip der guten Annahme gilt auch in der islamischen Kindererziehung!
Wenn mein Kind etwas Fragwürdiges oder sogar Negatives tut, gebe ich ihm ein positives Narrativ für seine Aussage oder Handlung vor. So erlaube ich meinem Kind, eine positive Interpretation seines Tuns und bestärke sein positives Selbstbild.
Statt “Du lügst!”, sag besser: “Du meinst bestimmt…”
Statt “Bist du wieder zu faul zum Aufräumen?”, sag besser: “Dein Tag war wohl sehr anstrengend. Ich helfe dir.”
Statt “Du bist so geizig mit deinem Taschengeld!”, sag besser: “Bewahrst du dein Geld als Sadaqa auf?”
Statt “Ich habe dir 100 mal gesagt, dass du das nicht machen sollst!”, sag besser: “Ich habe mich bestimmt unklar ausgedrückt. Ich erkläre es dir nochmal.”
Statt “Warum hast du noch nicht gebetet?”, sag besser: “Der Gebetswecker war heute so leise. Komm lass uns beten.”
Kinder, deren Aussagen und Verhalten stets negativ interpretiert werden, übernehmen die negative Sicht auf sich selbst. Sie haben auch keinen Anreiz mehr, sich gut zu verhalten. Denn ihr Tun wird ja ohnehin negativ bewertet.
Der Gesandte Allahs ﷺ sagte: “Wehe euch vor der Verdächtigung. Die Verdächtigung ist die unwahrste Rede. Forscht einander nicht hinterher und spioniert einander nicht hinterher. Neidet einander nicht, kehrt einander nicht den Rücken und hasst einander nicht. Seid Allahs Diener in Brüderlichkeit.” (Sahih Al-Bukhari, Hadith Nr. 6064)
Kinder, von denen das Gute angenommen wird, bekommen eine positive Sichtweise auf sich selbst geboten. Dadurch entwickeln sie ein positives Selbstbild und können zu starken Persönlichkeiten heranwachsen, die auch
wohlwollend auf andere blicken.