“Das hat Allah für dich bestimmt.”
“Das Spielzeug war halt nicht von deinem Rizq.”
“Das ist eben deine Prüfung von Allah.”
“Du musst mit Allahs Bestimmung zufrieden sein.”
“Das darf dich doch nicht traurig machen, das ist dein Qadar.”
Wenn dein Kind sich wehtut, oder ein Spielzeug kaputt geht, oder einen geliebten Gegenstand verliert, oder krank wird, oder sich mit seinen Freunden streitet, oder aus einem anderen Grund traurig ist, dann sind die vorherigen Sätze zwar “formal” richtig, ABER…
Kinder müssen erst die Fähigkeit entwickeln, bedrückende Geschehnisse von ihren negativen Emotionen zu abstrahieren und sie “neutral” zu bewerten. Für die Kleinen gibt es zunächst keine objektive Sichtweise auf das Geschehene. In der kindlichen Wahrnehmung existiert nur der Moment, der als traurig oder schmerzhaft empfunden wird. Kinder leben in ihrem Gefühl.
Erst ganz allmählich, ungefähr ab 7 Jahren, beginnen unsere Kinder die Fähigkeit zu entwickeln, Geschehnisse unabhängig von ihrer eigenen Gefühlslage zu überdenken und zu bewerten. Als Eltern wünschen wir uns nichts sehnlicher, als dass unsere Kinder einen gesunden, felsenfesten Iman in Allah (swt) und seine Bestimmung entwickeln. Deshalb müssen wir Eltern vorsichtig sein, unsere Kinder durch unsere Aussagen nicht negativ zu konditionieren. Wir müssen vorsichtig sein, Allahs Bestimmung durch unbedachte Aussagen im kindlichen Denken nicht ausschließlich an Trauer, Schmerz und Ohnmacht zu koppeln.
Kindern denken noch nicht mehrdimensional und betrachten ihre Realität auch nicht aus der Vogelperspektive. Sie brauchen unsere Hilfe dabei, negativ Empfundenes einzuordnen und zu verarbeiten. Wer ihre Trauer oder ihren Schmerz mit Allahs Bestimmung abtut, ohne ihnen bei der Bewältigung ihrer Gefühle beizustehen, kann im Kind ungewollt Groll gegen das Schicksal und sogar gegen Allah ﷻ erzeugen, möge Allah uns und unsere Kinder davor bewahren.
Der Beistand bei der Bewältigung von Trauer und Schmerz ist von der Barmherzigkeit mit unseren Kindern. Wenn unserem Kind etwas “Negatives” widerfährt, braucht es von uns:
Einordnung – Beistand – Trost – Anleitung
Wir erwähnen auf jeden Fall Allahs Bestimmung, denn unsere Kinder müssen unbedingt mit diesem grundlegenden islamischen Konzept vertraut werden. Jedoch betten wir es in unseren Beistand, unseren Trost und in unsere Anleitung ein, wie man das Problem beheben oder mit seinen Folgen umgehen kann:
“Subhanallah, du hast Fieber! Alhamdulillah, alles kommt von Allah, die Krankheit und die Gesundheit. Ich mache dir kühlende Wickel. Heute musst du viel Wasser trinken und dich ausruhen. Wenn es nicht besser wird, gehen wir zum Arzt. Komm, ich spreche den Du’a der Genesung für dich und les dir danach ein Buch vor!”
“Ich verstehe, dass du traurig bist, weil dein Spielzeug kaputt gegangen ist. Doch Allah ﷻ hat bestimmt, dass dieses Spielzeug für begrenzte Zeit bei dir ist und du hast lange Zeit schön damit gespielt, Alhamdulillah. Lass uns erstmal versuchen, es zu reparieren. Sollte das nicht klappen, müssen wir es doch entsorgen und in sha Allah wird Allah dir etwas Besseres geben.”
“Es ist nicht richtig, dass er dich so genannt hat. Das tut mir sehr leid. Was er über dich sagt, stimmt nicht, du bist ein aufrichtiger und ehrlicher Junge, ma sha Allah. Allah stellt eure Freundschaft auf die Probe und ihr könnt aus der Situation lernen. Wie wäre es, wenn du ihm morgen erklärst, warum sein Verhalten falsch war und dass es dich verletzt hat? Ich helfe dir, dich darauf vorzubereiten.”
Unsere Kinder mit dem Konzept der Zufriedenheit mit Allahs Bestimmung vertraut zu machen, ist enorm wichtig, denn dies ist Teil ihres Iman. Dabei achten wir jedoch ihren Entwicklungsstand. Wir konditionieren unsere Kinder nicht derart, dass Allahs Bestimmung ausschließlich Schmerz, Trauer, Passivität und Ohnmacht bedeutet. Denn dies kann die gegenteilige Wirkung haben. Vielmehr nehmen wir ihren Schmerz und ihre Trauer an, setzen sie zu Allahs Barmherzigkeit in Bezug, geben ihnen unseren Beistand und schenken ihnen Trost. Wir zeigen ihnen auf, dass Allah ﷻ den Muslimen die Möglichkeit gegeben hat, ihre Prüfungen aktiv zu bewältigen: mit Du’a, mit Dhikr und mit praktischen Lösungsansätzen. Dabei brauchen unsere Kinder unsere Anleitung, damit sie nicht in Ohnmacht versinken, sondern Hoffnung fassen.
Wer sein Kind bei Schmerz und Trauer mit Einordnung, Beistand, Trost und Anleitung begleitet, gibt ihm auch für die Zukunft wertvolle Mechanismen der Problembewältigung und legt eine gute Grundlage für die tiefe Zufriedenheit mit Allahs Bestimmung…in sha Allah.