Warum möchten die muslimische Mutter oder der muslimische Vater “noch” nicht, dass das Kind zum Fajr-Gebet aufsteht, den Hijab trägt, auch in der Schule fastet, oder systematisch den Qur’an auswendig lernt? Kinder sind noch nicht vor Allah (swt) verantwortlich, deshalb treffen die islamischen Vorgaben sie noch nicht als Pflichten. Dass Kinder früh an die islamische Praxis herangeführt werden müssen, steht aber außer Frage. Damit sie ihnen zur natürlichen Gewohnheit wird, die für sie auch als Erwachsene nicht hinwegzudenken ist.
Kann es sein, dass Mama und Papa unterschwellig die Vorstellung entwickelt haben, dass die islamische Praxis eine Belastung darstellt? Das Narrativ des “strengen” Islam, der den Menschen jede Freude verbietet und ihnen schwere Lasten auferlegt, hören wir in den Medien rauf und runter, jeden Tag, andauernd. Kann es sein, dass Mama und Papa dieses Narrativ unbewusst über-nommen haben und deshalb die islamische Praxis ihrer Kinder aufschieben…obwohl sie Gefahr laufen, dass der Zug abfährt und die Kids die Kurve zum Islam später nicht mehr kriegen?
Nur wenn wir als Eltern verinnerlichen, fühlen und leben, dass der Islam und seine Lebensform eine Barmherzigkeit, das Licht in der Dunkelheit und die einzig erfüllende und sinnstiftende Lebensart für den Menschen sind, werden wir diesem wunderbaren Deen gerecht. Nur wenn wir diese Überzeugung, gepaart mit einer konsequenten Praxis des Islam an unsere Kinder weitergeben und unseren Kindern erlauben, frühzeitig zu üben, was ihnen später zur Verpflichtung wird…nur dann kann ihr Islam die Herausforderungen der liberalen Gesellschaft überleben, die ihnen überall und zu jeder Zeit die Tore zur Sünde und sogar zur Abkehr vom Islam öffnet.
Auch wenn wir besonders bekämpfte islamische Praktiken (den Hijab oder das Gebet und Fasten in der Schule) hinausschieben, weil wir unsere Kinder vor den heftigen und schmerzvollen gesellschaftlichen Reaktionen schützen möchten…auch dann senden wir gefährliche Signale. Denn wir lehren unsere Kinder damit, dass die islamische Praxis leicht sein muss. Allah (swt) und Sein Gesandter (saw) lehren uns hingegen, dass der Mensch in Zeiten der Prüfung und Erschwernis über sich selbst hinauswächst, seine Fehler abstreift und zu höheren Stufen bei Allah aufsteigt.
Die gesellschaftlichen Anfeindungen, denen unsere Kinder tagtäglich ausgesetzt sind, stellen tatsächlich ein riesiges Problem dar. Die islamische Praxis der Kinder hinauszuschieben und die Erhabenheit des Islam in ihrer Wahrnehmung zu schwächen, darf aber nicht die Lösung dafür sein. Ja, die Situation ist schwierig, für uns und vor allem unsere Kinder. Dennoch steht die islamische Lebensweise nicht zur Debatte und ohne sie verkommt die islamische Kindererziehung zur realitätsfernen Philosophie. Unsere Kinder haben sich nicht ausgesucht, in einer nicht-muslimischen Mehrheitsgesellschaft zu leben. Diese Entscheidung haben wir Eltern getroffen und müssen der Verantwortung unserer Entscheidung gerecht werden.
Als Eltern müssen wir für unsere Kinder Schutzräume kreieren, in denen sie ihre islamische Praxis üben können, sowohl im Privaten, als auch in den Moscheen und Gemeindezentren. Wir Eltern müssen unsere Kräfte zusammenführen, uns organisieren und aktiv in allen Institutionen mitwirken, in denen unsere Kinder Zeit verbringen: Kindergärten, Schulen, Sportvereine…
Möge Allah (swt) unseren Islam und den Islam unserer Kinder schützen und bewahren. Denn er ist das kostbarste, das wir besitzen und das wertvollste, was wir Eltern unseren Kindern schenken.