“Ich weiß, dass Süßigkeiten eine riesige Versuchung sind. Denn sie enthalten Zucker und der macht uns süchtig. Dein Körper ist eine Amana von Allah und Allah wird uns eines Tages befragen, wie wir mit deinem Körper umgegangen sind. Wir müssen ihn gut behandeln, ihm gute Nährstoffe geben. Zucker ist kein Nährstoff. Er gibt deinem Körper keine Kraft, sondern nimmt deinem Körper ganz viel. Du sollst wachsen, deine Muskeln sollen stark werden. Damit du schnell wie der Wind rennen kannst, damit du flink und beweglich bist. Denn du wirst eines Tages große Dinge für Allah und den Islam erreichen. Zu viel Zucker macht dich auch im Denken langsam. Dann kannst du nicht mehr so schön den Quran auswendig lernen und auch nicht mehr so tolle Erfindungen aus Lego bauen.”

So erkläre ich es meinen Kindern, immer wieder. Vor 13 Jahren zwang mich eine Autimmun-erkrankung, mein Essverhalten komplett zu überdenken. Von heute auf morgen spielte mein Körper verrückt und signalisierte mir, dass es ihm nicht gut geht. Dass ich ihn nicht gut behandle. “Kortison!” sagte man mir nach langen Untersuchungen in der Uniklinik. Das sei die einzige Behandlungsmöglichkeit. Mit der Unterstützung meines Mannes und einer wirklich guten Ärztin ging ich einen anderen Weg. Ich stellte meine Ernährung komplett um, verzichtete vor allem auf Zucker. Nach ungefähr 6 Monaten war ich symptomfrei, Alhamdulillah. Der erste Schritt zur Veränderung war das Wissen. Das Wissen, was Zucker unserem Körper antut. Das Wissen, dass mein Körper keinen Industriezucker braucht. Das Wissen, dass ich mit viel Disziplin verzichten und durch Gesundes ersetzen kann.

Ich kann nicht einfach ignorieren, was ich über Zucker und seine Auswirkungen weiß. Dieses Wissen hat verändert, wie wir leben. Zuerst als Ehepaar und dann als Eltern. Ich lese jede Zutatenliste und hole nur selten Süßigkeiten ins Haus. Nur ausnahmsweise wird Süßes gekauft oder an die Kinder anderer Familien verschenkt. An manchen Tagen sind wir damit weniger diszipliniert als an anderen. Doch das Wissen hat uns nachhaltig verändert. Wenn meine Kinder Süßes essen, knirsche ich innerlich. Doch ich lasse sie mit Maß gewähren und auch genießen. Ich erinnere sie regelmäßig daran, was Zucker unserem Körper antun kann. Dass er kein Nährstoff ist und Süßigkeiten kein Lebens-, sondern ein Genussmittel.

Warum ich meine Kids überhaupt Süßes essen lasse? Weil der soziale Druck hoch ist und ich abwägen muss. Über viele Gespräche mit Freunden und Verwandten ist in unserem Umfeld mehr Bewusstsein für das Thema entstanden. Doch viele halten weiterhin an ihrem Zucker fest und es ist nicht meine Aufgabe oder Verantwortung, ihnen dies zu untersagen. Inzwischen verstehen meine Jungs genau, was Zucker mit ihrem Körper macht. Und doch können sie der Versuchung nicht standhalten, wenn ihnen mal wieder etwas Süßes angeboten oder vorgesetzt wird. “Wie sollen sie das schaffen, was so viele Erwachsene nicht können?”, erinnert mich mein Mann dann und hat wie immer Recht.

Als Mama habe ich es in der Hand, was meine Kinder zu Hause essen. Was in ihrer Brotdose ist. Was wir im Restaurant bestellen und was wir zum Picknick mitnehmen. Wenn meine Kids sich beim Familienausflug ein Eis wünschen, bekommen sie es. Denn ihr “Zuckerkonto” wird zu Hause gar nicht oder nur minimal belastet. Den Puffer lasse ich für Ausflüge und die sozialen Kontakte. Weil ich weiß, dass bei so vielen muslimischen Familien noch nicht das hinreichende Bewusstsein herrscht und Kindern bedenkenlos Süßigkeiten gegeben werden. Trotzdem schmerzt es mich, wenn die anderen Mamas beim Picknick die Chips-Tüten, Weingummis, Schokoriegel und Nutella-Brote auspacken. Während wir Obst, Gemüse, Datteln und Nüsse dabeihaben. Wie soll ich meine Kinder in solchen Momenten im Zaum halten? Es ist schwer für sie und für mich.

Am Anfang jeder Veränderung steht das Wissen. Aus dem Wissen wird die gelebte Überzeugung. Wie unser Iman schwankt auch die Disziplin. Doch die Überzeugung bleibt. Ich wünsche mir, dass wir Eltern uns der Amana unserer Kinder bewusst sind. Das sage ich zuerst mir selbst und dann euch. Denn wir brauchen eine Generation starker Muslime! Stark in Körper und Geist, denn beides ist untrennbar verbunden. Muslime, die das richten, was wir nicht richten konnten. Wenn ihr meine Kids trefft, dann schenkt ihnen ein Lächeln. Ein gutes Wort, einen schönen Stein, ein Herbstblatt…irgendwas, das ihnen Freude bereitet, ohne ihnen zu schaden. Schenkt ihnen bitte keine Süßigkeiten. Danke!