Der Gesandte Allahs ﷺ sagte: “Stark ist nicht jener, der andere mit Körperkraft überwältigen kann. Stark ist jener, der sich bei Wut unter Kontrolle hat.” (Imam Al-Bukhari, Al-Adab al-Mufrad)

Würden wir unsere Kinder fragen, was sie an Mama und Papa am wenigsten mögen, werden wohl die meisten antworten: “Wenn sie schreien und wütend sind.” Denn unsere Wut und unser damit einhergehendes unkontrolliertes Verhalten, unser Geschrei und unsere Drohungen machen unseren Kindern wirklich Angst. Echte, handfeste Angst.

Dabei gehört es zu unseren wichtigsten Aufgaben als Eltern, unseren Kindern Sicherheit und Beständigkeit zu vermitteln. Das Gefühl, bei den Eltern sicher zu sein und bei ihnen eine beständige Quelle von Zuneigung und Rückhalt zu finden, ist für die Entwicklung des kindlichen Gehirns, für die psychische Gesundheit und die emotionale Ausgeglichenheit unserer Kinder enorm wichtig.

Unsere Wutausbrüche versetzen unsere Kinder in Panik. Unsere Kinder reagieren darauf körperlich mit schnellem Herzschlag, der Körper schüttet Stresshormone aus, manche Kinder zittern. Unsere Kinder fürchten sich vor uns, fühlen sich überfordert und schutzlos. Häufig geben sie sich selbst die Schuld für unseren Wutausbruch.

Auslöser von Eltern-Wut erkennen

Alle Eltern, ja überhaupt alle Menschen, empfinden Wut. Das ist normal. Wichtig ist, zunächst die Gründe für unsere Wut zu erkennen und dann an praktischen Schritten zu arbeiten, um unsere Wut zu kontrollieren. Folgende Gründe sorgen besonders oft für Wut bei Eltern:

Zeitdruck

Unrealistische Erwartungen

Falsche Bewertung des kindlichen Verhaltens

Herabgesetztes Wohlbefinden

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Zeitdruck

Bei Zeitdruck verfallen wir in Stress und bauen inneren Druck auf. Wir wollen unseren Zeitplan um jeden Preis einhalten. In solchen Situationen sollten wir uns erinnern: Unseren Kindern kein Unrecht zu tun ist wichtiger, als Zeitlimits und Termine einzuhalten. Als Eltern sollten wir unsere Zeitpläne so flexibel wie möglich halten, für Termine einen Zeitpuffer einbauen und rechtzeitig mit Vorbereitungen beginnen. Weniger Zeitdruck bedeutet weniger Wut-Potenzial.

Unrealistische Erwartungen

Eltern-Wut kann entstehen, weil wir von unseren Kindern Dinge verlangen, die sie noch nicht verstehen oder noch nicht umsetzen können. Unsere Kinder können nur realistische Erwartungen erfüllen. Bücher über die kindliche Entwicklung können uns helfen, unsere Kinder besser einzuschätzen. Auch die aufmerksame Beobachtung. Auch die aufmerksame Beobachtung unserer Kinder im Alltag hilft uns, ihren Entwicklungsstand zu erkennen. Wer Erwartungen nicht zu hoch steckt, wird weniger wütend.

Falsche Bewertung des kindlichen Verhaltens

Eltern-Wut kann entstehen, weil wir unseren Kindern schlechte Absichten für ihr Verhalten unterstellen. In den seltensten Fällen tun unsere Kinder etwas, um uns zu ärgern, zu manipulieren oder uns wütend zu machen. Im Islam gilt das Prinzip der guten Annahme (siehe dazu unseren Beitrag zu Husn az-Zann in der Kindererziehung), auch und vor allem für unsere Kinder! Wir interpretieren ihr Verhalten auf die bestmögliche Weise. Wir geben unseren Kindern die Möglichkeit, sich zu erklären und die Beweggründe für ihr Tun darzulegen. Wir versuchen, sie zu verstehen. Wer stets vom Guten ausgeht, wird weniger wütend.

Herabgesetzes Wohlbefinden

Eltern-Wut kann entstehen, weil es uns allgemein nicht gut geht. Weil wir zu wenig schlafen, uns schlecht ernähren, uns wenig an der frischen Luft bewegen oder uns gute soziale Kontakte fehlen. Eine Investition in dein Wohlbefinden ist immer auch eine Investition in deine Kinder und ihre Erziehung.

Für echte Ausgeglichenheit sorgen unsere Gebete und unser Dhikr, denn im Gedenken Allahs finden die Herzen Ruhe. Der Quran ist die schönste Ermahnung und erinnert uns an das Wesentliche. Je besser unsere Gottesdienste und unsere Beziehung zu Allah, desto besser geht es uns.

Die Auslöser für unsere Wut zu erkennen und an ihnen zu arbeiten ist unsere Verantwortung, nicht die Verantwortung unserer Kinder. Unser Wutausbruch ist unser Fehler, nicht der Fehler des Kindes. Daran zu arbeiten, Wutausbrüche zu vermeiden und zu kontrollieren ist wirklich wichtig. Denn solche Wutausbrüche tun unseren Kindern Unrecht und führen nicht selten zu Verhalten, das wir danach zutiefst bereuen und für das wir zeitlebens bei Allah um Vergebung bitten. Unser Prophet Muhammad ﷺ hat im bekannten Hadith gleich 3 Mal betont, nicht wütend zu werden! Er lehrt ﷺ uns folgende

Sunan gegen Wut:

Nimm Zuflucht bei Allah vor dem Shaytan und sprich “A’udhubillahi min ash-shaytan ar-rajim.” (Sure al-A’raf 7, Vers 20 und Sahih Muslim 2610)

Bleib still. Sprich nicht im Zustand der Wut. (Musnad Imam Ahmad 2137, Sahih Muslim 47)

Wenn du Wut empfindest, dann setz dich hin. Wenn dies nicht ausreicht, dann leg dich auf den Boden. (Sunan Abi Dawud 4782)

Vollzieh den Wudu’, die Gebetswaschung. (Sunan Abi Dawud 4784)

Erinner dich an den Lohn, den du bei Allah für deine Selbstkontrolle bekommst und dass Er dir dafür das Paradies verspricht. (Sunan Ibn Majah 4189, Musnad Imam Ahmad 3008, Al-Mu’jam al-Awsaṭ 2411)

Wenn du doch wütend geworden bist und unüberlegt gegen dein Kind gehandelt hast, dann bitte den Kind unbedingt um Verzeihung! Gesteh deinen Fehler ein,  ohne deinem Kind Schuld an deinem Wutausbruch zu geben und bitte Allah um Vergebung.