Das Viereck der islamischen Kindererziehung hat 4 Seiten: die Gesetze Allahs, die Prinzipien des Islam, die Ziele der islamischen Erziehung und die prophetische Methode. In dem Viereck, das sich zwischen diesen 4 Seiten aufspannt, finden alle muslimischen Familien Platz.

Die Gesetze Allahs

Wir halten uns als Familie mit voller Überzeugung an Allahs Gebote und Verbote, denn sie sind nichts als eine Barmherzigkeit von unserem Herrn. Jedoch sind wir keine Grenzgänger, die sich nur an die äußersten Grenzen des Islam halten. Wir streben natürlich nach den erwünschten Taten und halten uns schon von den unerwünschten Taten fern, die Allah verhasst sind.

Denn die erwünschten und unerwünschten Handlungen sind Sicherheitslinien! Wer sich daran gewöhnt hat, schon den verhassten Dingen fernzubleiben, wird mit seinen Kindern den verbotenen Dingen erst gar nicht nahekommen.Wer sich und seine Kinder daran gewöhnt hat, die Gottesdienste mit den freiwilligen, erwünschten Taten zu schmücken, der behandelt Allahs Gebote wie unantastbare Juwelen. Allahs Gesetze bilden die erste Seite unseres Erziehungsvierecks.

Die Prinzipien des Islam

Wer die Offenbarung ganzheitlich liest, erkennt Prinzipien, die in den einzelnen Gesetzen verkörpert sind. Diese Prinzipien bilden die zweite Seite unseres Erziehungsvierecks. Die Bedeckung der Scham (As-Sitr) z.B. ist ein solches Prinzip, das sich aus vielen Offenbarungstexten und Geboten ergibt. Auch wenn Kinder noch keine ‘Aura im islamrechtlichen Sinne haben, müssen sie mit dem Prinzip des Sitr groß werden. Wir stellen unseren Kleinen Kleidung zur Verfügung, die ihre Scham hinreichend bedeckt, die weder hauteng noch aufreizend ist. Wir ziehen sie nicht vor ihren Geschwisterkindern aus. Wir ziehen uns nicht vor ihnen um. Wir zeigen ihnen keine Medien, die Nacktheit darstellen. Wir lehren unsere Kinder, ihren Schambereich zu schützen und ihre Blicke vor der Scham anderer zu senken. So etablieren wir das Prinzip des Sitr.

Ein weiteres Prinzip ist die Barmherzigkeit in der islam. Kindererziehung. Sie umfasst neben dem liebevollen, gütigen Umgang der Eltern mit den Kindern die elterliche Konsequenz bei der Umsetzung. Denn die islamische Kindererziehung bereitet auf den Taklif vor, die Verantwortlichkeit vor Allah ﷻ. Mit ihrer Güte und Konsequenz bringen die Eltern ihre Kinder zu diesem Ziel. Dabei halten wir die schwierige Waage zwischen Nachsicht, Klarheit und Durchsetzung.

Nur wenn wir die Prinzipien der islam. Erziehung früh genug und fest genug etablieren, können sie unsere Kinder ein Leben lang begleiten, ihre Beziehung zu Allah ﷻ, zu sich selbst und zu anderen formen. Die Prinzipien des Islam bilden die 2. Seite in unserem Viereck.

Die Ziele der islamischen Erziehung

Unsere islamische Überzeugung vom Lebenssinn und unser koranisches Menschenbild definieren unsere Erziehungsziele. Unsere Erziehung zielt nicht auf Erfolg nach kapitalistischen oder säkularen Maßstäben ab. Sie zielt auch nicht auf das philosophische Bild des freien, selbstbestimmten Menschen ab. Als Muslime haben wir eine spezifische Vorstellungen vom Menschen und seinem Erfolg: Wir zielen auf jenseitigen Erfolg ab, dem im Islam diesseitiger Erfolg vorausgeht. Der Muslim ist erfolgreich, wenn er sich mit Aufrichtigkeit bemüht, in all seinen Aufgaben und Beziehungen Allahs ﷻ Wohlgefallen zu erlangen. Wir wollen unseren Kindern zu einer ausgeglichenen Lebensführung verhelfen, sodass sie in allen Beziehungen und allen Bereichen nach jenseitigem Erfolg streben. Unsere Kinder sollen sich selbst gut kennen. Ihre Gefühle, ihre Stärken und ihre Schwächen.

Sie sollen ihre Persönlichkeiten zeitlebens nach dem prophetischen Vorbild verfeinern. Sie sollen sich selbst als Geschöpfe des Erhabenen achten. Sie sollen ihre körperlichen, geistigen und emotionalen Bedürfnisse kennen. Sie sollen nach Wissen streben und es in den Dienst des Islam und der Muslime zu stellen. Sie sollen sich als Teil der Gemeinschaft begreifen und die Nöte ihrer Ummah als ihre eigenen betrachten. In ihrer Beziehung zu Allah sollen sie Furcht und Hoffnung balancieren. Sie sollen Allah ﷻ auf schönste Weise dienen und sich danach sehnen, ihrem Herrn nah zu sein. Im Umgang mit den Menschen sollen sie Allah fürchten und ihnen mit Achtung begegnen. Sie sollen Familien gründen, darin gute Mütter, Väter und Eheleute sein. Sie sollen Berufe erlernen und darin der Menschheit dienen. Die Offenbarung definiert die Ziele unserer islamischen Kindererziehung. Sie bilden die 3. Seite unseres Vierecks.

Die Methoden der islamischen Erziehung

Unser Deen ist praktisch! Er lässt uns nicht mit realitätsfernen Theorien im Alltag allein. Der Islam ist praxisnah, er liefert uns konkrete Erziehungsmethoden, verkörpert im allerschönsten Vorbild des Gesandten Allahs ﷺ. Kein Leben ist so akribisch und so detailliert dokumentiert, wie das Leben unseres geliebten Propheten Muhammad ﷺ. Von ihm können wir ganz real und praktisch lernen, wie man eine Persönlichkeit formt und zu den islamischen Idealen leitet. Wir geben unseren Kindern in unserem eigenen Islam das schönste und anschaulichste Beispiel. Wir lassen unsere Taten noch vor unseren Worten sprechen. An uns erfahren sie den Islam.

Wir sprechen den Verstand unserer Kinder an und achten ihn, indem wir sie an unseren Überlegungen teilhaben lassen. Wir erklären und wiederholen unermüdlich. Wir geben Beispiele, sprechen anschaulich und gehen auf Fragen ein. Wir motivieren unsere Kinder mit Geschichten, wir verbringen wertvolle Zeit mit ihnen. Wir tauschen Gedanken und Träume aus, lassen sie an uns teilhaben. Manchmal schweigen wir und zeigen unsere Enttäuschung, weil das Schweigen der geliebten Eltern schwer wiegt. Die Methoden der islamischen  Erziehung bilden die letzte Seite unseres Vierecks und wir entnehmen sie ebenfalls der Offenbarung. Denn die Sunna unseres Propheten ﷺ ist eine unerschöpfliche Quelle für die Methoden der islamischen Kindererziehung.

Ein Viereck für alle!

Wir erlernen die Gesetze, Prinzipien, Ziele und Methoden der islamischen Erziehung. Wir lernen aber auch, unsere familiäre Realität zu verstehen und im Licht der islam. Erziehung zu bewerten. Es ist enorm wichtig, die familiäre Realität und vor allem die Situation der Kinder zu erfassen. Deswegen sind gute Erzieher gute Beobachter und gute Zuhörer. Als Eltern erstellen wir auch regelmäßig Lageberichte. Wir beraten, wo wir mit unserer Erziehung stehen und wie wir unseren Zielen näher kommen. Wir haben dabei unsere Realität und die Entwicklung unserer Kinder genau im Auge. Wer Eltern konkrete Praxistipps gibt, kann ihn einen riesigen Gefallen tun. Denn was konkret ist, lässt sich leichter anwenden. Wer es allerdings zu konkret macht, droht Realitäten auszuschließen und es schwer zu machen. Der Rahmen der islamischen Erziehung ist klar, gleichzeitig ist er wohlwollend. Die Herausforderung der Umsetzung überlässt er den Eltern. Erziehung braucht Eltern, die auch mal Ausnahmen machen, wo es notwendig ist. Konsequent bleiben, wo es notwendig ist. Eltern, die ihre Realität für Allah ändern, wenn es nötig ist. Eltern, die nicht nach Handbuch erziehen. Sondern mit Weisheit nach den Gesetzen, Prinzipien, Zielen und Methoden des Islam.