Dass Eltern streiten, ist ziemlich normal. Denn sie sind ja zuallererst Eheleute! In jeder menschlichen Beziehung gibt es Reibungen, Interessenkonflikte und Auseinandersetzungen. Selbst in den Ehen unseres geliebten Propheten Muhammad ﷺ gab es Situationen, in denen seine Frauen mit ihm uneins waren.

Jedoch ist Streit nicht gleich Streit.

Manche Eheleute definieren als Streit, dass buchstäblich die Fetzen fliegen. Dass geschrien, geschimpft, beleidigt und sogar die Hand erhoben wird. Diese Art von Streit kommt vor Kindern gar nicht in Frage! Überhaupt sollte solcher Streit in keiner muslimischen Ehe stattfinden. Denn Allah ﷻ definiert die Grundlage der Ehe als “Liebe und Barmherzigkeit” (Sure Ar-Rum, Vers 21).

Der “normale” Streit in Form von aufgeheiztem Wortwechsel, bei dem die Eheleute auch mal ihre Stimme erheben, gereizt oder wütend sind, kommt wohl in jeder Ehe vor. In manchen Situationen eben auch vor den Kindern. Obwohl Eltern intuitiv wissen, dass auch dieser Streit ihren Kindern nicht guttun kann.

Denn auch diese Form der Auseinandersetzung erzeugt bei unseren Kindern Angst, Unsicherheit und Stress. Das Sicherheitsbedürfnis unserer Kinder ist eines ihrer wichtigsten emotionalen Bedürfnisse. Sie finden Sicherheit im harmonischen Zusammenspiel ihrer Eltern. In Streitsituation machen sich beim Kind Unsicherheit und Angst breit. Stresshormone werden ausgeschüttet.

Unsere Kinder denken Ich-bezogen. Sie glauben oft, dass sie der Grund für die Auseinandersetzung ihrer Eltern sind. Sie bekommen Schuldgefühle und Selbstzweifel. Insbesondere Kleinkinder unter 7 Jahren erfassen die Welt in Schwarz-weiß-Schemata. Sie können nicht begreifen, dass Eltern streiten und sich gleichzeitig lieben können. Dies steigert ihr Gefühl der Unsicherheit und Verlorenheit in Anbetracht streitender Eltern. Wird regelmäßig vor Kindern gestritten, stehen sie wortwörtlich unter Dauerstress. Zu den möglichen Langzeitfolgen des dauernden Elternstreits gehören bei Kindern Schlafprobleme, ein geschwächtes Immunsystem, Aggressionen gegen sich selbst und andere, Konzentrationsprobleme und Trennungsängste. Kinder aus konfliktreichen Familien sind einem höheren Risiko ausgesetzt, später an Depressionen zu erkranken.

Gleichzeitig kann entwarnt werden: Nicht jeder Elternstreit hat so verheerende Folgen für unsere Kinder. Vielmehr spielen die Intensität, die Häufigkeit, der Ablauf und die spätere Aufarbeitung des Streits dabei eine ausschlaggebende Rolle.

Wichtige Regeln für Elternstreit:

Vermeidet Auseinandersetzungen vor den Kindern. Macht dies zu einem Grundsatz eurer Eheführung und Kindererziehung.

Erinnert einander an diesen Grundsatz, bevor ein Streit so richtig ausbrechen kann. Legt dafür eine Eltern-Formel fest, z.B. “Darüber reden wir später.”

Jeder Elternteil hat die Verantwortung, Streit vor den Kindern zu vermeiden und den anderen zu ermahnen. Auch wer nicht “angefangen und provoziert” hat.

Bezieht eure Kinder auf keinen Fall in einen Streit ein. Stellt ihnen auf keinen Fall Fragen zu Streitsache. Verlangt von eurem Kind keinesfalls, in einer Streitfrage Position mit einem Elternteil zu beziehen.

Wenn eure Kinder doch einen Streit mitbekommen haben, müssen sie auch Zeugen eurer Versöhnung werden. Erklärt ihnen, dass ihr euch vertragen habt, dass ihr einander liebt und dass es euch leidtut, dass euer Streit die Kinder verunsichert hat.

Wenn das Streitthema es zulässt, dann erklärt euren Kindern, welchen Kompromiss oder welche Lösung ihr für das Problem gefunden habt.

Verbringt harmonische Familienzeit mit euren Kindern, damit ihr Sicherheitsgefühl und ihre Ausgeglichenheit wiederhergestellt werden.

Unsere harmonische, liebevolle Eheführung ist die wichtigste Grundlage der islamischen Kindererziehung. Wie jedes menschliche Zusammenleben, ist sie nicht frei von Problemen und Auseinandersetzungen. Jedoch basiert sie immer auf Liebe und Barmherzigkeit.

Eltern, die den Islam zur Grundlage ihrer Eheführung machen, beseitigen den Großteil des Konfliktpotenzials. Denn sie haben sich aus gemeinsamer Überzeugung geeinigt, ihren Alltag nach Allahs Willen zu gestalten. In den wenigen Bereichen, in denen nun noch Konflikt entstehen kann, lösen sie ihre Probleme mit dem Adab ihres Propheten Muhammad ﷺ.