Die Grundlage

In der islamischen Erziehung greifen wir die koranischen und prophetischen Prinzipien auf und wenden sie auf unsere Realität mit unseren Kindern an. Das gilt auch in Bezug auf das Thema Taschengeld. Deshalb ein kleiner Reminder:

Im Islam betrachten wir Geld als unseren Rizq, unsere festgelegte Versorgung von Allah (swt). Im Gegensatz zum liberalen Lebenskonzept, steht es dem Menschen im Islam nicht zu, willkürlich mit seinem Geld zu verfahren. Vielmehr erwirbt und verwendet er sein Geld ausschließlich auf erlaubten Wegen, geht damit verantwortungsvoll um, vermeidet Verschwendung und gibt davon auf dem Weg Allahs aus.

Diese Grundlagen etablieren wir in unseren Kindern zunächst durch unser Vorbild, durch Gespräche und über den Quran. Dazu eignen sich besonders die Suren At-Takathur, Al-Humaza und Al-Mutaffifeen aus Juz ‘Amma. Sie behandeln die Themen Gier, Gewinnstreben und Aufrichtigkeit im Handel. Sie rufen den Menschen für sein wirtschaftliches Handeln zur Verantwortung. Besprich mit deinem Kind Allahs Namen “Ar-Razzaq”, der Versorger. Sprecht über verantwortungsvollen Umgang mit Geld und darüber, dass Allah (swt) uns am jüngsten Tag auch nach unserem Vermögen befragen wird.

Taschengeld: Ja oder Nein?

In islamrechtlicher Hinsicht sind wir Eltern verpflichtet, die Grundbedürfnisse unserer Kinder in Form von Obdach, Kleidung, Nahrung, Bildung und medizinischer Versorgung zu stillen. Wir sind “technisch” gesehen nicht verpflichtet, unseren Kindern darüber hinaus Taschengeld zu geben. Deshalb ist Taschengeld in manchen muslimischen Kulturen unüblich.

Gleichzeitig ist das Verfügen über eigenes Geld eine gute und wichtige Übung für unsere Kinder. Sie können ein Gefühl für Geld entwickeln, eine Verantwortung für ihre Finanzen und finanzielle Fähigkeiten wie Sparen erlernen.

Wann?

Ideal eignet sich das Alter der 7 Jahre für Taschengeld. Denn ab diesem Alter wird das Kind im islamischen Recht als Mumayyiz bewertet, als grundlegend unterscheidungsfähig. Auch kognitiv ist das Kind nun zu abstrakten Gedankengängen fähig. Wer früher anfangen möchte, kann bereits mit 5 Jahren beginnen, muss sein Kind dann womöglich etwas engmaschiger begleiten.

Händigt den Kindern das Geld bevorzugt am Freitag aus. Denn wir sollten als Eltern jede Möglichkeit nutzen, den besten Tag der Woche positiv zu prägen, also in unseren Kindern mit positiven Emotionen zu verbinden. Je jünger das Kind, desto geringer sollten die Abstände zwischen der Vergabe des Taschengeldes sein. Denn das langfristige Denken und Planen ist noch in der Entwicklung. Beginnt im Wochenabstand, später alle 14 Tage und schließlich monatlich.

Wieviel?

Es lässt sich kein einheitlicher Betrag festlegen, denn die muslimischen Familien haben unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten und Hintergründe. Der gesellschaftliche Standard kann eine Orientierungshilfe sein. Gleichzeitig verfolgen wir mit unserer islamischen Erziehung Eigenschaften wie Bescheidenheit und Genügsamkeit. Deshalb gilt: Weniger ist manchmal mehr.

Mit zunehmendem Alter kann das Taschengeld graduell aufgestockt werden. Orientiert euch dabei auch an der bisherigen Entwicklung eures Kindes im Umgang mit dem Taschengeld. Zeigt es bereits Verantwortungsbewusstsein? Dann kann der Betrag schrittweise erhöht werden. Klappt es noch nicht so gut? Dann warte noch mit der Erhöhung. Lasst zwischen den Erhöhungen genügend Abstände, damit ihr den Effekt beobachten könnt. Erhöht kleinschrittig, damit stets noch etwas Puffer nach oben verbleibt.

Training

Wir sollten realistische und barmherzige Erwartungen an unsere Kinder hegen. Sie werden nicht mit finanziellen Fähigkeiten geboren, sondern erlernen diese im Rahmen unserer Erziehung. Das braucht Zeit und unsere Geduld. Es ist vollkommen normal, dass dein Kind Fehler im Umgang mit seinem Taschengeld macht. Auch wir Erwachsene leisten uns oft genug finanzielle Fehltritte. Es kann passieren, dass dein Kind Geld verliert, alles auf einmal ausgibt oder zunächst geizig ist. Hege deshalb die richtigen Erwartungen, dann wirst du nicht enttäuscht. Lobe dein Kind für jede Entwicklung und seinen guten Umgang mit dem Taschengeld! Sprich geduldig und gleichzeitig klar über Fehler.

Begleitung

Die Welt der Finanzen ist für dein Kind vollkommen neu. Deshalb braucht es deine Begleitung. Berate dein Kind bei seinen Anschaffungen, zeig ggf. Alternativen auf. Das Taschengeld steht deinem Kind zwar zur Verfügung, gleichzeitig findet es aber unter deiner Aufsicht statt. Schaffe einen Rahmen für dein Kind, in dem es sich ausprobiert und lernt. Üb eine softe Kontrolle aus, indem du dein Kind lenkst und notfalls klare Grenzen setzt.

Im Islam gilt das Prinzip, dass Kindern erst dann ihr Vermögen ausgezahlt wird, wenn wir an ihnen “Rushd” (Verantwortungsbewusstsein und Vernunft) feststellen (Sure An-Nisa, Vers 6). Wenn dein Kind einen größeren Geldbetrag bekommt, zB zum Eid, kannst du diesen für dein Kind verwahren und ihn schrittweise auszahlen. Besprich diese Aya mit deinem Kind und versichere ihm, dass du sein Geld zwar aufbewahrst, es aber sein Recht ist und bleibt.

Praxistipps

  • Motiviere dein Kind, stets Dankbarkeit für sein Taschengeld zu zeigen. Sagt gemeinsam “Alhamdulillah!” und motiviere dein Kind, auch dir zu danken.
  • Geht gemeinsam in den Supermarkt. Schreibt eine Einkaufsliste, erklär deinem Kind die Preise und lass es rechnen und zahlen. Dies ist eine wunderbare Übung.
  • Trefft Entscheidungen für große Anschaffungen vom Taschengeld gemeinsam. Lehre dein Kind “ein paar Nächte drüber zu schlafen”.
  • Motiviere dein Kind, von seinem eigenen Geld Sadaqa zu geben. Durch dein Vorbild, eine Familien-Sadaqa-Dose…
  • Vergleiche mit deinem Kind Preise. Sprecht über die Begriffe “teuer” und “günstig”. Gib Beispiele.
  • Gewöhne dein Kind, von seinem Geld Geschenke für Familie und Freunde zu kaufen. Denn der Muslim ist großzügig!
  • Sprecht über Verschwendung. Gib deinem Kind anschauliche Beispiele für dieses Konzept!