Jannah und Jahannam gehören zu den Grundlagen unseres Deen und zur felsenfesten Überzeugung des Muslims. Es ist von Allahs allumfassender Weisheit und Barmherzigkeit, dass Er uns im Quran davon berichtet, dass dereinst mit uns und unserem diesseitigen Tun abgerechnet wird. Dass nach der Abrechnung eine Ewigkeit auf uns wartet, die der Mensch entweder in Jannah oder Jahannam verbringt – möge Allah (swt) uns alle davor bewahren. 

Zunächst müssen wir Eltern uns vergegenwärtigen, dass Strafe ein Teil der menschlichen Realität, ein universelles Konzept aller Gesellschaften und eine tatsächliche Notwendigkeit ist. Die Androhung von Jahannam im Quran und in der Sunna ist notwendig, um den Menschen davon abzuhalten, Sünden zu begehen. Damit er sich selbst und anderen kein Unrecht tut und kein Unheil auf Erden stiftet. Diese Überzeugungen müssen zunächst bei den Eltern sitzen!

Strafe an sich ist eine Notwendigkeit. Jahannam ist eine Tatsache, genau wie Jannah und der jüngste Tag. Dies ist Teil unserer islamischen Aqida und Teil unserer Identität als Muslime. Zunächst müssen wir Eltern uns dies klar machen und uns dem vollständig ergeben. Unsere Überzeugung von Jahannam und unsere Akzeptanz von Allahs unendlicher Weisheit ist prägend und wegweisend für den Umgang unserer Kinder mit dem Thema.

Jahannam gehört genau wie Jannah, die Engel, die Djinn zu den Ghaybiyat (dem Verborgenen). Naturgemäß ist all dies abstrakt und schon für Erwachsene schwer zu erfassen. Bei Kindern ist das abstrakte Denken erst in der Entwicklung, weshalb sie nur über das elterliche Vorbild und die elterlichen Erläuterungen einen Zugang zur Welt des Verborgenen haben. Die Vorstellung von Jahannam ist fürchterlich und bereits der Erwachsene hat schreckliche Angst davor. Kinder empfinden negative Gefühle wie Angst noch intensiver, denn die kindliche Kontrolle und Verarbeitung negativer Gedanken und Gefühle sind noch in der Entwicklung. Als Eltern stellt sich uns deshalb die wichtige Frage: Wann und wie spreche ich mit meinem Kind über Jahannam?

Erst mit der Geschlechtsreife wird der Mensch im islamischen Recht als Mukallaf (vor Allah swt verantwortlich) eingestuft. Kinder sind für ihr Handeln nicht im islamrechtlichen Sinne verantwortlich. Sie trifft im Islam weder Sünde noch Strafe. Deshalb hat Jahannam keinen direkten Bezug zum Kind. In den ersten Lebensjahren ist es essenziell, dem Kind einen positiven, liebevollen und barmherzigen Bezug zu Allah (swt) und Seinem Deen zu vermitteln. Dies ist die lebenslange Basis des Kindes, auf dem es den Islam begreift und praktiziert.

Vor allem in den ersten 5 Lebensjahren, aber auch bis das Kind mit 7 Jahren das Alter des Mumayyiz (unterscheidungs-fähigen Kindes) erreicht, liegt der Fokus auf dem Paradies, der Barmherzigkeit Allahs, der Schönheit des Islam, seiner Überzeugungen und seiner Gebote. In diesem Alter stellen Eltern keinen direkten Bezug zu Jahannam her und es ist nicht notwendig, mit dem Kind ein Gespräch über Jahannam zu eröffnen.

Gleichzeitig rezitieren wir mit unseren Kindern Quran und lernen ihn auswendig. Deshalb ist zu erwarten, dass die Kinder nach den Bedeutungen der Ayat und auch nach Jahannam fragen. Wir antworten unseren Kindern stets wahrheits-gemäß, bleiben aber abstrakt. Beispiele aus dem familiären Alltag können das kindliche Verständnis unterstützen. “Jahannam ist ein Ort der Strafe für die Menschen, die Unrecht tun und damit Unheil stiften. Denn Allah liebt alle Geschöpfe und möchte, dass sie sich richtig Verhalten. Stell dir einmal vor, bei uns zu Hause gebe es gar keine Regeln. Jeder würde machen, was er will und dafür keine Konsequenzen tragen. Wie würde es wohl bei uns zugehen? Wie würde es uns wohl damit gehen?”

Wir stellen keinerlei Bezug zwischen den Fehlern des Kindes und Jahannam her! Denn dies entspricht nicht der Wahrheit. Wir drohen den Kindern nicht mit Jahannam! Dazu haben wir kein Recht, denn Allah, unser Herr und der Herr unserer Kinder, hat sie von der Strafe ausgenommen. Wir betonen immer und immer wieder, dass Allah barmherzig ist und alle Kinder unglaublich liebt. Wir beschreiben unseren Kindern das Paradies intensiv und häufig. Wer seinem Kind regelmäßig mit Jahannam oder Allahs Strafe droht, verbaut ihm einen positiven Zugang zu Allah und zum Islam. Im Extremfall kann das Kind aus emotionaler Überforderung und als Schutzmechanismus den Islam an sich und sogar Allahs Existenz in Frage stellen, um der schrecklichen Vorstellung von Jahannam zu entgehen. Möge Allah uns und unsere Kinder davor bewahren!

Das Drohen mit Jahannam ist nicht notwendig, um im Kind Verantwortungsbewusstsein zu erzeugen. Dies tun wir, indem wir den Kindern immer wieder die Konsequenzen ihres Handelns erklären und in entwicklungsgerechter Weise tragen lassen. Wir erklären am Konzept der Schreiberengel (siehe Video auf YouTube), dass die Taten des Menschen niedergeschrieben werden und dass wir hoffen, Allah (swt) am jüngsten Tag mit einer Niederschrift voller guter Taten zu begegnen. Wenn es Richtung Taklif (Geschlechtsreife) geht, können wir ausführlich mit den Kindern über Jahannam sprechen, ihre Fragen beantworten und die anfänglich dargelegten Überzeugungen in unseren Kindern festigen.

Unsere Kinder erfahren die Barmherzigkeit Allahs und des Islam vor allem an unserem Vorbild. Denn für die Kleinen verkörpern wir den Deen. Möge Allah (swt) uns und unsere Nachkommenschaft vor Jahannam bewahren und mit uns zufrieden sein.